»DER FORTSCHRITT DES ISLAM IST NICHT VOM GEBRAUCH DES SCHWERTES ABHÄNGIG, SONDERN VOM HÖCHSTEN OPFER HUSSEINS. ICH LERNTE VON HUSSEIN, WIE MAN DEN SIEG ERRINGEN KANN, WÄHREND MAN UNTERDRÜCKT WIRD.« – MAHATMA GANDHI
Im Jahre 680 v. Chr. riss Yazid Bin Muawiya in Damaskus das Kalifenamt (Führung der muslimischen Welt) an sich und begann damit eine Zeit der Tyrannei, welche die Geschichte der Muslime für immer veränderte. Er korrumpierte ihre Lehren, errichtete mit der Vorherrschaft des Schwertes eine Diktatur und unterdrückte die Menschen. Ein Mann, Imam Hussein, Enkel des Propheten Mohammed, lehnte sich jedoch gegen die Unterwerfung auf.
Zweiundsiebzig einfache Männer folgten Imam Hussein mit ihren Frauen und Kindern nach Kerbela im Irak, um sich Yazids Truppen entgegenzustellen. Es war eine Reise in den sicheren Tod.
Die Schlacht von Kerbela wurde zum Symbol der Schwachen, die sich für die Gerechtigkeit und gegen Unterdrückung erheben. Ein Symbol, das jede Generation in ihr Dasein und in ihr kollektives Gedächtnis übernommen hat und ihre eigenen Versionen des »Tyrannen« der Geschichte einbringt. Für die letzte Generation von Irakern war Saddam der Tyrann Yazid; für die heutige ist es der ISIS und ihr selbsternannter Kalif, der den ungerechten Yazid und seine brutale Armee verkörpert.
Jedes Jahr versammeln sich Millionen von Menschen in Kerbela am Ort des Geschehens und stellen die zehn Tage der Schlacht in einem Historienspiel nach. Im Irak gedenken nicht nur Muslime, sondern auch Christen und Juden diesem Tag und begeben sich gemeinsam nach Kerbela in die Fußstapfen Al-Hussains.
Zehn Nächte lang wird das Geschehene von Meistern des Geschichtenerzählens weitergegeben. Ich nenne sie die »Tränenmacher«. Sie wurden in der hohen Kunst geschult, die Zuhörer zu Tränen zu rühren. Jeder bringt seine eigene Geschichte des Leidens oder Verlustes, die er in diesem Jahr selbst erfahren hat, zu diesem sicheren Ort des kollektiven Trauerns mit. Hier werden sie zum Schlachtfeld des 7. Jahrhunderts befördert, um den Schmerz zu lindern.
Das Projekt begleitet eine Gruppe von irakischen Migranten in London. Hinter geschlossenen Türen, angeführt von einem Tränenmacher, finden diese geheimen Zeremonien mit unkontrolliertem Klagen, Schlagen vor die Brust und Selbstgeißelung statt, bis sich schließlich am zehnten Tag einige der Trauernden mit Schwertern selbst an der Stirn verwunden. Das Projekt setzt sich visuell mit der Macht des Geschichtenerzählens auseinander, und wie eine Geschichte über die Jahrhunderte nachhallen und das Leben normaler Menschen beeinflussen kann.
»KEINE SCHLACHT IN DER MODERNEN UND VERGANGENEN GESCHICHTE DER MENSCHHEIT VERDIENT MEHR SYMPATHIE UND BEWUNDERUNG UND LEHRTE MEHR ALS HUSSEINS MARTYRIUM IN DER SCHLACHT VON KERBELA.« – ANTOINE BARA (LIBANESISCHER SCHRIFTSTELLER ÜBER HUSSEIN IN DER CHRISTLICHEN IDEOLOGIE)