Islam 2.0

Mit meiner Reportage zum Thema Popislam möchte ich dem Betrachter eine ihm noch nicht bekannte Sicht auf deutsche Muslime zeigen. Die neue Generation zugezogener Muslime interpretiert den Islam auf eigene Weise und setzt sich mit der Handhabung der für die Religion prägenden, traditionellen Regeln immer freier auseinander. Wie Aybüke Ergündüz, eine 22-jährige Studentin aus Goslar, passen sich auch andere junge Erwachsene in Denken und Handeln an die moderne, westliche Gesellschaft an. Gerade weibliche setzen mit dieser Rebellion bewusst ein Zeichen gegen das Klischee der unterdrückten Frau. Sie stylen sich auffällig und verstecken ihre Haut nicht länger hinter langer Kleidung. Ihre Bindung an die Religion möchten sie jedoch weiterhin pflegen. Für Muslimas des Popislam lassen sich diese gegensätzlich scheinenden Seiten vereinen: Freiheit, Emanzipation, Selbstbestimmung UND Religion. »Ich bin eben beides: Deutsche und Muslima«, sagt Aybüke stolz. Es muss kein Entweder-Oder sein.

»Ohne Schminke gehe ich nie aus dem Haus!«, sagt die 22-jährige Aybüke Ergündüz. »Da fühle ich mich nicht wohl.«Von Leona Ohsiek
Zum muslimischen Feiertag Miraç Kandili, der Auferstehung des Propheten, bereiten Mutter und Tochter das traditionelle Rindfleischgericht Tepside et zu, welches im Ofen auf einem großen, runden Blech, der Tepsi, gegart wird.Von Leona Ohsiek
Am Mittagstisch trifft die kleine Familie, bestehend aus Mutter Belma (47), den beiden Töchtern Aybüke (22) und Medine (17) und Sohn Harun (20), zusammen, sooft es die Zeit zulässt. Zum Essen wird Ayran serviert, ein salziges Joghurtgetränk, welches gerade im Sommer besonders erfrischend ist.Von Leona Ohsiek
Nach dem Essen genießen Mutter und Tochter die Sonne im anliegenden Garten. Belma trägt ihr Kopftuch ausnahmslos, sobald sie aus dem Haus geht. Ihren Töchtern lässt sie ohne Wertung die Entscheidung, wie sie diese und andere religiöse Traditionen handhaben. Die Freiheit, sich der modernen Gesellschaft anzupassen, solle ihnen bleibenVon Leona Ohsiek
In einer altbürgerlichen Kleinstadt wie Goslar fällt Belma mit ihrem Kopftuch sehr auf. Sie würde sogar ab und an von einigen Passanten abwertend angesehen. Allerdings begegneten ihr auch eine Menge Menschen mit Akzeptanz und Toleranz, erzählt sie.Von Leona Ohsiek
Alle Mitglieder Familie Ergündüz haben die Deutsche Staatsbürgerschaft. Belma und Aybüke nehmen ihre Wahlberechtigung zur Europawahl gerne in Anspruch.Von Leona Ohsiek
Zu besonderen Anlässen wird aus Butter, Mehl und Zucker eine süße Nachspeise namens Helva hergestellt und an Nachbarn, Freunde und Verwandte verschenkt.Von Leona Ohsiek
Aybüke kleidet sich gerne modern und vor allem auffällig. Zwischen ihr und ihrer besten Freundin Tugba sind die neusten Schuhe und die trendigsten Kleider ein häufiges Thema. Eingekauft wird meist im Internet, da die Auswahl in den kleinen Läden Goslars nur begrenzt ist. Internetshopping lässt alle Möglichkeiten offen.Von Leona Ohsiek
Die Journalismus-Studentin schreibt zurzeit an ihrer Bachelorarbeit zum Thema »Sexualität und Intimität im türkischen Fernsehen«. Sie selbst hat eine fundierte Meinung dazu: »Wir leben im 21. Jahrhundert. Man kann doch niemanden davor bewahren.«. Es solle eher eine Einschränkung der Ausstrahlungszeit solcher fragwürdigen Filme und Serien geben, statt sie komplett zu verbieten, erläutert sie.Von Leona Ohsiek
um Festtagsgebet wird die komplette Schminke wieder entfernt. Auch die Fingernägel werden ablackiert. So verbindet die junge Frau zwei Dinge, die ihr unglaublich wichtig sind: Styling und Religion.Von Leona Ohsiek
Aybüke betet nicht fünf Mal täglich, wie es der Koran vorschreibt und ihre Mutter es tut. Doch an Feiertagen nimmt sie sich immer die Zeit für die rituelle Waschung, hüllt sich in Kopftuch, langärmliges Hemd und langen Rock, legt Gebetsteppich und -kette bereit und betet Richtung Mekka zu Allah.Von Leona Ohsiek