Neben den USA machen nun Großbritannien und Saudi-Arabien Teheran für die Tankerangriffe im Golf von Oman verantwortlich. Cornelius Adebahr hat im Gespräch mit zenith diskutiert, wie lange die Regierung Ruhani dem Widerstand noch trotzen kann.
Wer Teherans Vorgehen in Bezug auf den Atom-Deal verstehen will, muss die Innenperspektive einnehmen, findet Cornelius Adebahr. Der Politikberater hat mehrere Jahre in Teheran gelebt und an der Universität Teheran gelehrt. Die Ruhani-Regierung sehe sich vor allem innenpolitisch mit Gegenwind konfrontiert. »Sie wird gerade von den Hardlinern im Land dafür angefeindet, dass sie dieses Abkommen überhaupt einmal unterzeichnet hat«.
Auch die iranische Reaktion auf die Vermittlungsversuche des deutschen Außenministers Heiko Maas thematisierten Adebahr und Gerlach. Maas sei nicht neutral in seiner Rolle als Vermittler, findet Adebahr. »Sein Besuch war ein Versuch, zu vermitteln – obwohl Deutschland selber Verhandlungspartei des Deals ist«. An erster Stelle sei Irans Außenminister Javad Zarif darum gegangen, eine Botschaft an das heimische Publikum zu senden. Maas habe eine »Position der Härte« einnehmen wollen.
Das Gespräch mit zenith-Chefredakteur Daniel Gerlach fand am 11. Juni und damit vor den mutmaßlichen Tankerangriffen statt. Die internationale Wahrnehmung Irans war dennoch bereits Inhalt der Diskussion. Die Nutznießer der aktuellen Entwicklungen seien vor allem China und Russland, so Adebahr. »Die sehen mit Wohlwollen, wie uneinig Europa und die USA bezüglich des Atom-Abkommens sind.« Und weil man heutzutage als Iran-Experte immer auch Wirtschaftsexperte sein müsse, erklärt er, wie mit der Tauschbörse »Instex« unter Umgehung eines direkten Geldtransfers Geschäfte zwischen Europa und Iran ermöglicht werden sollen und welche Macht die USA europäischen Banken gegenüber wirklich haben.
Die Diskussion im Berliner Brecht-Literaturforum diente zugleich als offizielle Vorstellung für Adebahrs neues Buch. Er hat die Auswirkungen der internationalen Sanktionen vor Ort erlebt, ebenso wie die freudige Erwartung nach dem Wahlsieg von Präsident Ruhani 2013 und die sprichwörtliche Gastfreundschaft der Iraner auf vielen Reisen durchs Land. So zeichnet er ein ebenso fundiertes wie kritisches Bild des Landes. Außerdem lenkt »Inside Iran« den Blick mitunter weg von der Tagespolitik und zeichnet nach, wie Meilensteine der jüngeren iranischen Geschichte, von der Konstitutionellen bis zur Islamischen Revolution, bis heute nachwirken.
Inside Iran
Alte Nation und neue Macht?
Cornelius Adebahr
Dietz-Verlag, 2018
248 Seiten, 22 Euro